Ausgewählte Ergebnisse

a) Wie stellt sich mathematische Kompetenz in verschiedenen Inhaltsbereichen bei Eltern und Jugendlichen dar?

Das internationale PISA-Rahmenkonzept unterscheidet vier mathematische Inhaltsbereiche, die so genannten "übergreifenden Ideen". Vergleicht man die mathematische Kompetenz der Eltern in den Inhaltsbereichen mit dem entsprechenden Profil ihrer Kinder und mit dem der Neuntklässler in Deutschland, so zeigen sich einige bedeutsame Unterschiede (vgl. Ehmke & Siegle, 2006).

Die Kompetenzmittelwerte der Kinder der teilnehmenden Eltern liegen in den vier Inhaltsbereichen durchschnittlich 72 Kompetenzpunkte (d = 0.72) über dem Kompetenzniveau der Neuntklässler in PISA 2003. Dies ist auf den hohen Anteil von Gymnasien zurückzuführen, an denen die Elternstudie durchgeführt wurde. Außerdem zeigt sich darin auch die Selektivität der Stichprobe.

Die teilnehmenden Eltern besitzen eine ausgeprägte Stärke im Inhaltsbereich "Quantität" im Vergleich mit den Schülerinnen und Schülern (d = 1.52). Die Aufgaben in diesem Themengebiet beziehen sich auf alle Arten von Quantifizierungen, in denen Zahlen verwendet werden, um Situationen zu beschreiben oder zu organisieren. Viele dieser Aufgaben erfordern den Umgang mit Prozentrechnung in alltagsnahen Anwendungssituationen wie bei Mietsteigerungen oder Wahlergebnissen.

Eine zweite Stärke weisen die Erwachsenen im Bereich "Raum und Form" auf (d = 0.23). Aufgaben aus diesem Inhaltsbereich enthalten Situationen in denen ebene oder räumliche Konfigurationen, Gestalten und Muster vorkommen. Vertiefende Analysen zeigen, dass nur die Väter in diesem Bereich eine relative Stärke aufweisen, während dies bei den Müttern nicht der Fall ist.

In den beiden Inhaltsbereichen "Veränderung und Beziehungen" und "Unsicherheit" bestehen keine signifikanten Unterschiede zwischen Eltern und Kindern. Aufgaben aus diesen Bereichen lassen sich den traditionellen Stoffgebieten "Algebra" und "Stochastik" zuordnen.

Zusammenfassend verdeutlichen die Befunde unterschiedliche Stärken und Schwächen nach Inhaltsbereichen in der mathematischen Kompetenz von Eltern und Kindern. Offenbar konnten die Eltern im Inhaltsbereich "Quantität" ihre Kompetenz bedeutsam steigern, was mit häufigem Anwenden dieser Inhalte in alltäglichem privatem oder beruflichem Kontext erklärt werden könnte. Für die Kompetenzmessung bei Erwachsenen legen diese Ergebnisse nahe, in zukünftigen Studien mathematische Grundbildung nach Inhaltsbereichen differenziert zu erfassen.

b) Wie unterscheiden sich Mütter und Väter in der mathematischen Kompetenz?

Diese Fragestellung wurde in Ehmke & Siegle (2007) untersucht. Das durchschnittliche mathematische Kompetenzniveau von Müttern und Vätern unterschied sich dabei deutlicher als in anderen Studien mit Erwachsenen berichtet wird (etwa in dem von der OECD durchgeführten International Adult Literacy Survey). Die Effektstärke lag bei d = .80 zu Gunsten der Väter und stellt somit einen starken Effekt dar. Dabei ist zu beachten, dass Mütter und Väter sich in ihrem mittleren sozioökonomischen Status und dem durchschnittlich erreichten Bildungsabschluss unterscheiden. Aber auch bei gleichem Bildungsabschluss bleiben bedeutsame Unterschiede in der mathematischen Kompetenz bestehen. Dabei fallen die Differenzen zwischen Müttern und Vätern mit einem universitären Abschluss am deutlichsten aus. Hingegen konnten in der Gruppe mit dem niedrigsten Bildungsabschluss keine signifikanten Unterschiede zwischen Müttern und Vätern beobachtet werden.

c) Wie hängt die mathematische Kompetenz der Eltern mit Unterstützungsprozessen im Elternhaus zusammen?

Der Zusammenhang elterlicher Mathematikkompetenz und familialer Prozesse mit dem Kompetenzerwerb von Kindern in Mathematik wurde in Ehmke & Siegle (2008) analysiert. Drei Fragestellungen wurden dabei untersucht: (1) In welchem Zusammenhang steht die Ausgestaltung des häuslichen Lernumfeldes mit der mathematischen Kompetenz der Eltern? (2) Wie hängt das mathematische Kompetenzniveau der Kinder mit der mathematischen Kompetenz der Eltern, den strukturellen Herkunftsmerkmalen und den familialen Prozessmerkmalen zusammen? (3) Welche Rolle spielt die mathematische Kompetenz der Eltern und die Ausgestaltung des häuslichen Lernumfeldes für die Entwicklung der mathematischen Kompetenz der Kinder von der 9. zur 10. Klassenstufe? Die Ergebnisse belegen mittlere Zusammenhänge zwischen Merkmalen der sozialen Lage und dem mathematischen Kompetenzniveau der Eltern. In Familien mit höherer elterlicher Mathematikkompetenz wird häufiger über lernförderliche Prozesse berichtet. Einer hohen elterlichen Mathematikkompetenz kommt eine positive Vorhersagekraft auf das von den Jugendlichen erreichte mathematische Kompetenzniveau und tendenziell auch auf die Kompetenzentwicklung im Verlaufe eines Schuljahres zu. Dabei wird der Einfluss der elterlichen Mathematikkompetenz durch lernförderliche Prozesse im Elternhaus vermittelt.

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